Nicht alle Viren sind schlecht

Es gibt auch Viren, von denen wir Menschen profitieren können.

Apr 22, 2020

Spätestens seit die Corona-Virus-Erkrankung Covid-19 auch Österreich ereilt hat, sind Viren in aller Munde. Die meisten haben einen ziemlich schlechten Ruf und stehen mit Erkrankungen und großem Leid in Verbindung. Doch es gibt auch Viren, von denen wir Menschen profitieren können.

Im Schutz des Virus

Erst kürzlich machten Forschende eine spannende Entdeckung auf dem Gebiet der Virologie: Hatten sich HIV-Patienten zusätzlich zum HI-Virus mit einem speziellen Hepatitis-Virus infiziert, wirkte sich die Infektion mit dem Hepatitis-G-Virus positiv auf die HIV-Erkrankung aus. Sie beobachteten bei Patienten, die mit beiden Virusarten infiziert waren, ein langsameres Voranschreiten der HIV-Erkrankung.1

So wird der Ausbruch der letzten und schwersten Stufe einer HIV-Infektion – AIDS – länger hinausgezögert. Ist bei einem Patienten AIDS ausgebrochen, ist der Patient durch die extreme Schädigung des Immunsystems sehr anfällig für lebensbedrohliche Infektionen, die das körpereigene Immunsystem nicht mehr bekämpfen kann2.

Da aber eine Infektion mit dem Hepatitis-G-Virus das Voranschreiten einer HIV-Infektion zu AIDS verlangsamt, ist auch die Sterblichkeitsrate bei mit beiden Virusarten infizieren Menschen niedriger als die Sterblichkeitsrate der Patientengruppe mit einer HIV-Infektion.1

Gute Gene

Viren können sich nicht nur positiv auf andere Grunderkrankungen auswirken, sie können sogar einen erheblichen Teil zur Heilung einer Erkrankung beitragen. So werden Viren bei bestimmten Therapieformen als Transportvehikel verwendet.

Gentherapie gegen Krebs

Krebs kann unter anderem durch mutierte Gene begünstigt werden, die veränderte Wachstumssignale senden und so zu übermäßigem Zellwachstum führen.3 Ziel der Gentherapie ist es daher, die veränderte Genvariante durch das korrekte und gesunde Gen zu ersetzen. Allerdings gestaltet sich das nicht so einfach, da sich die Gene im Innersten einer Zelle befinden und die korrekte Genversion unbeschadet bis dorthin geliefert werden muss. An diesem Punkt nutzen Forscherinnen und Forscher eine spezielle Eigenschaft der Viren: Viruspartikel können Gene unbeschadet bis in den Zellkern transportieren4, wo sich das mutierte Krebsgen befindet.

Für medizinische Anwendungen werden die Viren biotechnologisch so verändert, dass sie nicht mehr krank machen und somit als unbedenkliches Transportvehikel für die gesunden Gene in den Zellkern verwendet werden können5. Im Zellkern angelangt, wird das mutierte und krankheitserregende Gen durch die korrekte Version ersetzt. Diese Technik wird unter anderem auch in der CAR-T-Zelltherapie verwendet, die erfolgreich bei der Behandlung von onkologischen Erkrankungen angewandt wird.

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Referenzen

  1. Gerner P & Wirth S. Eigenschaften und klinische Bedeutung neuer hepatotroper Viren Hepatitis-G-Virus, TT-Virus und SEN-Virus. Monatsschr Kinderheilkd 2002; 150, 19–26
  2. Deeks SG & Phillips AN. HIV infection, antiretroviral treatment, ageing, and non-AIDS related morbidity. BMJ 2009;338:a3172
  3. Hanahan D & Weinberg RA. The Hallmarks of Cancer. Cell 2000; 100(1), 57-70
  4. Mietzsch M & Agbandje-McKenna M. The good that viruses do. Annual Review of Virology 2017; 4:iii-v
  5. American Society of Gene & Cell Therapy. Different approaches. Available at: https://www.asgct.org/education/different-approaches. Letzter Zugriff im April 2019
  6. O’Reilly M, Kohn DB, Bartlett J, et al. Gene therapy for rare diseases: summary of a National Institutes of Health workshop. Hum Gene Ther. 2013; 24(4): 355-362.