„Gendermedizin, ist da etwas dran?“

So heißt eine neue Broschüre von Novartis, die gemeinsam mit dem Institut für Gender-Gesundheit erstellt wurde. Sie bietet allen Interessierten Einblick in die Besonderheiten der unterschiedlichen weiblichen und männlichen Physiologie – und erklärt, warum das in der Forschung sowie bei der Diagnose und Therapie von Erkrankungen wichtig ist.

März 08, 2021

Einen der größten Irrtümer korrigiert die neue Novartis Broschüre gleich zu Beginn: Gendermedizin konzentriert sich nicht allein auf die gesundheitlichen Belange von Frauen. Sie berücksichtigt beide Geschlechter – also auch die Besonderheiten des männlichen Körpers.

Unter anderem wegen solcher Irrtümer wurde die geschlechtsspezifische Medizin viele Jahre lang nicht in ausreichendem Maße ernst genommen, zuweilen gar belächelt. Doch mit Mut und Kompetenz, mit Energie und Beharrlichkeit haben es ihre Verfechterinnen und Verfechter geschafft, sie in der Gesundheitsforschung und -versorgung zu etablieren. Seit 2015 werden beispielsweise gendermedizinische Entwicklungen und Erkenntnisse ins Präventionsgesetz bzw. ins Fünfte Buch Sozialgesetzbuch aufgenommen. Bei den Leistungen der Krankenkassen ist demnach „geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen“.

Eine Frage harter biologischer Unterschiede

Bei Gendermedizin – das beschreiben männliche wie weibliche Experten in der Broschüre von Novartis sehr eindrücklich – geht es nicht nur um das soziokulturelle Geschlecht, also die Prägung durch Erziehung und gesellschaftliche Normen. Es geht gleichermaßen um die harten Fakten biologischer Unterschiede. Während die Körperzellen von Frauen mit jeweils zwei X-Chromosomen ausgestattet sind, verfügen männliche Körperzellen über jeweils ein X- und ein Y-Chromosom. Das beeinflusst ganz wesentlich die Hormonausstattung, die für die Regulation vieler Stoffwechselprozesse entscheidend ist. Bei zahlreichen Erkrankungen, wie z. B. der „Volkskrankheit“ Diabetes Typ 2 oder auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sehen sich Ärztinnen und Ärzte mit geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Screening, Diagnose und Therapie konfrontiert.

XX und XY Chromosomen

Frauen sind meist nicht nur etwas kleiner und leichter als Männer, sondern auch die Organe unterscheiden sich zum Teil bis in die Zellstruktur und Enzymzusammensetzung. Der weiblichen Leber etwa fällt es schwerer, manche Medikamente zu verstoffwechseln und auszuscheiden, was leicht zu Überdosierungen führen kann. Zudem haben vor allem ältere Frauen eine deutlich schlechtere Nierenfunktion als gleichaltrige Männer. Entsprechend sollte die Medikamentendosis angepasst werden. Allgemein leiden Frauen häufiger als Männer unter Arzneimittelnebenwirkungen. Männliche Zellen verfügen dagegen über ungünstigere Andockstationen für Schmerzmittel, weshalb Männer beispielsweise während einer Krebsbehandlung oft eine höhere Dosis benötigen.

Der Mann als ehemaliger medizinischer Standard

Bis vor Kurzem war in der Medizin der männliche Körper Standard – und ist es in manchen Lehrbüchern immer noch, sodass die Gendermedizin in den vergangenen Jahrzehnten zunächst den weiblichen Organismus neu entdecken musste. Viele bereits gut erforschte Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden oder Typ-2-Diabetes sowie gängige Arzneimittel wurden und werden in Hinsicht auf Geschlechterunterschiede erneut untersucht. 

Zunehmend rücken aber auch die Männer in den Blickpunkt der Gendermedizin. Denn bedingt durch unterschiedliche Symptome und gesellschaftliche Normen werden auch bei den Männern bestimmte Erkrankungen unterdiagnostiziert. Klassisches Beispiel: Bestimmte psychische Erkrankungen wie Depression gelten als „typische“ Leiden von Frauen. Diese Annahme verstellt den Blick auf die Depression bei Männern. Mit fatalen Folgen: Die Suizidrate unter Männern ist deutlich höher als bei Frauen. Auch das Krebsrisiko ist bei Männern erhöht. 

Ja, an Gendermedizin ist etwas dran

Die Expertinnen und Experten der Novartis Broschüre widmen sich ausführlich dem Stand der Forschung sowie Diagnose und Therapie in der Gendermedizin – bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Migräne, Depression und Demenz. Sie beschreiben, was die Geschlechterunterschiede für die medikamentöse Therapie bedeuten. Und sie diskutieren, wo neue Erkenntnisse der Gendermedizin bereits im Versorgungsalltag angekommen sind und wo noch Handlungsbedarf besteht – wie etwa im Medizinstudium und bei der Besetzung von Führungspositionen im Gesundheitswesen. Alle kommen zu dem Schluss: Ja, an Gendermedizin ist etwas dran!

Quelle / Weiterführende Informationen erhalten Sie in der Broschüre

Gendermedizin, ist da etwas dran?

Gendermedizin oder die Entdeckung der unterschiedlichen weiblichen und männlichen Physiologie
 
Herausgeber: Novartis Deutschland GmbH, Roonstraße 25, 90429 Nürnberg und Institut für Gender-Gesundheit e.V., Dr. Martina Kloepfer, Wartburgstraße 11, 10823 Berlin

Broschüre herunterladen (PDF 15 MB)

sowie in unserem Text zu den unterschiedlichen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen und Männern.