Revolutioniert Künstliche Intelligenz die Präzisionsmedizin?

Sep 08, 2020

Die Behandlung von komplexen Erkrankungen stellt immer noch eine große Herausforderung für Medizinerinnen und Mediziner dar. Auf Künstlicher Intelligenz basierende Präzisionsmedizin soll zukünftig die Therapien komplexer Erkrankungen optimieren.

Die meisten komplexen Erkrankungen entstehen nicht durch einen bestimmten Auslöser, sondern sind die Folge einer Kombination aus bestimmten Gen-, Umwelt- und Lebensstilfaktoren, von denen die meisten bisher noch nicht identifiziert werden konnten. Zu diesen komplexen Erkrankungen zählen etwa Alzheimer, Asthma, Multiple Sklerose oder Brustkrebs.1

Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, dass komplexe Erkrankungen nicht einem klassischen Vererbungsmuster folgen. Vielmehr sind die geerbten Gene, die mit einer komplexen Erkrankung in Verbindung stehen, nur ein Risikofaktor von vielen. Hat man solche Gene von seinen Eltern geerbt – also man verfügt über eine derartige genetische Prädisposition – hat man ein erhöhtes Risiko eine komplexe Erkrankung zu entwickeln. Ob die Erkrankung tatsächlich ausbricht, hängt dann aber von Umwelteinflüssen und dem Lebensstil ab.1

Auch welche Medikamente den besten Therapieerfolg liefern, hängt bei vielen komplexen Erkrankungen von mehr als nur einem Einflussfaktor ab.2 Allerdings ist es noch eine große Herausforderung für Forscher, das komplexe Zusammenspiel der einzelnen Faktoren zu verstehen.

Präzisionsmedizin

Doch es gibt bereits Ansätze, die komplexen und individuellen Aspekte einer Erkrankung bei der Wahl der Therapieoption zu berücksichtigen: Brustkrebserkrankungen werden anhand unterschiedlicher biologischer Marker, wie zum Beispiel dem Östrogen-Rezeptor, unterschieden und so in unterschiedliche Brustkrebs-Typen eingeteilt. Basierend auf diesem Brustkrebsprofil können genauere prognostische Aussagen, sowie die Entscheidung getroffen werden, welche Therapie die besten Ergebnisse erzielt.3

Dieser Ansatz wird auch als Präzisionsmedizin bezeichnet: Dabei werden medizinische Behandlungen individuell an Patienten angepasst, um die für sie optimale Behandlung zu finden.

Präzisionsmedizin

Mit Künstlicher Intelligenz zur Präzisionsmedizin

Um – wie bei Brustkrebs – auch bei anderen Erkrankungen noch besser individuell auf den Patienten abgestimmte Therapien zu entwickeln, wird zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI) gesetzt. Besonders drei Entwicklungen treiben die KI-gestützte Entwicklung von Präzisionsmedizin voran4:

  • Daten: Die Menge der für Analysezwecke zur Verfügung stehende Daten wächst enorm durch z. B. das Aufkommen von Wearables oder weiterentwickelte biotechnologische Verfahren.
  • Rechenleistung: Die in den letzten Jahren stark angestiegene Rechenleistung von Computern ermöglicht es Forschern nun, KI mit riesigen Datensets zu trainieren.
  • Algorithmen: Die Weiterentwicklung der KI zugrundeliegenden Algorithmen führt zu akkurateren Ergebnissen bei z. B. der Klassifizierung oder Voraussagbarkeit von Daten. 

Zukünftig wird diese Entwicklung weiter genutzt werden, um aus den enorm riesigen und komplexen Datensets mittels KI Antworten auf komplexe medizinische Fragestellungen zu finden. Diese Antworten könnten nicht nur Vorschub bei der Entwicklung präzisionsmedizinischer Therapien leisten, sondern auch als Grundlage für die Entwicklung neuer Wirkstoffen dienen.

Wie Novartis mit Hilfe großer Datenmengen aus klinischen Studien digitale Forschung betreibt, lesen Sie hier!

Referenzen:

  1. Craig, J. (2008) Complex diseases: Research and applications. Nature Education 1(1):184
  2. Iyengar R. (2013). Complex diseases require complex therapies. EMBO reports14(12), 1039–1042. https://doi.org/10.1038/embor.2013.177
  3. Jeibouei, S et al. (2019). Personalized medicine in breast cancer: pharmacogenomics approaches. Pharmacogenomics and personalized medicine12, 59–73. https://doi.org/10.2147/PGPM.S167886
  4. Bughin, J et al. (2018). Notes from the AI frontier. Modeling the impact of AI on the world economy. McKinsey Global Institute. https://mck.co/35ceDtj (PDF 0.64 MB) Letzter Zugriff am 07. September 2020