Die Nesselsucht ist eine weit verbreitete Hauterkrankung. Aufklärung über das Leiden verspricht der „Welt-Urtikaria-Tag“ am 1. Oktober.

Sep 29, 2017

„Wenn meine Arme voller Quaddeln sind, sieht das schon sonderbar aus“, sagt Susanne aus Berlin, „da gucken Andere dich schon an“.1 Patienten mit Nesselsucht müssen nicht nur mit den Symptomen ihrer Hauterkrankung kämpfen, sondern auch mit den sozialen Folgen. Viele schämen sich und versuchen, die betroffenen Hautstellen zu verbergen.2 Susanne weiß das zu gut. „In Phasen, wo es ganz schlimm ist, muss ich mir sehr überlegen, was ich mache. Allein die Kleidung, was ich morgens anziehe“, sagt sie, „wenn es 30 Grad draußen sind, ziehe ich nicht unbedingt einen Rock an oder wenn, dann nur einen ganz langen, weil es kann durchaus sein, dass ich mir nachts die Beine aufgekratzt habe und die dann schorfig sind.“1        

Susanne leidet seit mehr als 15 Jahren an der Nesselsucht.1 Sie kennt die Tücken dieser Erkrankung, die im Medizinerjargon Urtikaria heißt und die einen zwar nicht umbringt, aber viel Lebensqualität raubt. Am Welt-Urtikaria-Tag wollen Ärzte und Patientenverbände eine breite Öffentlichkeit über die Nesselsucht informieren und sich untereinander austauschen. Die gute Nachricht dabei lautet: Hilfe ist möglich!2

Jeder vierte hatte schon einmal Urtikaria

Schätzungsweise jeder vierte Erwachsene zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr erkrankt mindestens einmal im Leben an der „Urtikaria“. Allein in Deutschland sind 800.000 Menschen von der schweren dauerhaften Form betroffen.2 Glücklicherweise verschwindet sie meist nach ein paar Tagen oder Wochen wieder. In solchen Fällen sprechen Mediziner von einer akuten Urtikaria. Monate bis viele Jahre kann die chronische Variante der Nesselsucht dauern, was für die meisten Patienten schwer zu ertragen ist.3

Klein wie eine Erbse, groß wie eine Hand

Susanne hat seit mehr als 15 Jahren die chronische Form, die in Schüben verläuft: „Es kann mal zwei Monate sein, dass Dich der ganze Körper juckt oder drei Jahre gar nicht.“1 Typisch für die Urtikaria sind die stark juckenden Quaddeln und / oder Schwellungen der tieferen Hautschichten (Angioödeme). Wer sich schon einmal an einer Brennnessel verbrannt hat, weiß, was eine Quaddel ist: eine Schwellung der oberen Hautschichten, die mit Flüssigkeit gefüllt ist. Manche der Quaddeln sind klein wie eine Erbse, andere groß wie eine Hand.3

Und sie jucken, oft unerträglich, in Susannes Alltag vor allem abends im Bett. „Wenn man dann zur Ruhe kommt, dann fängt das an zu jucken“, erzählt sie, „dann kann man nicht in den Schlaf finden oder man schläft sehr unruhig.“ Und auch tagsüber „macht es meine Arbeit schwieriger, und das nimmt mir auch häufig den Spaß und das spiegelt sich auch nach außen.“1

Die Krankheit ist gut therapierbar

Hinter der Erkrankung steckt ein überschießendes Immunsystem. Warum es dermaßen fehlgeleitet reagiert, ist noch nicht wirklich geklärt. Fakt aber ist, dass die Symptome meist, aber nicht immer, durch bestimmte Faktoren ausgelöst werden. Zu den häufigsten zählen Medikamente, Lebensmittelzusatzstoffe, Alkohol und scharfe Gewürze. Aber auch Infekte und Reize wie Wärme oder Kälte können die Nesselsucht-Symptome auslösen.3 Oder die Symptome treten spontan ohne erkennbaren Auslöser auf.

Nach einer neuen Online-Umfrage haben viele Menschen mit chronischer Urtikaria bereits resigniert – und gehen nicht mehr zum Arzt. Der Grund in den meisten Fällen: Die bisherige Behandlung der Patienten wirkt nur unzureichend.4 Doch die Nesselsucht ist inzwischen eine gut therapierbare Erkrankung – die Symptome lassen sich mit Medikamenten lindern.5

Auch eine Kopfsache

Neben einer wirksamen ärztlichen und medizinischen Therapie ist die eigene Einstellung wichtig, wie auch Susanne klar macht: „Man muss seine Perspektive ändern, sonst wird man damit unglücklich.“ Nicht nur nach ihrer Erfahrung verschlimmert Stress die Symptome. Doch mittlerweile hat sie gelernt, „einfach die Geschwindigkeit rauszunehmen, so dass man auf einem normalen Niveau ist, und dann hält sich das mit dem Juckreiz in Grenzen.“1

Quellen und Links:

  1. https://www.youtube.com/watch?v=AtxkoQ0ZmDQ
  2. https://www.nesselsuchtinfo.de/
  3. https://www.hautwende.de/
  4. Maurer M, et al. Treatment of patients with chronic urticaria in Europe: findings from visit 1 of the worldwide prospective observational AWARE study. Poster presented at The European Academy of Allergy and Clinical Immunology Annual Congress. June 19, 2017
  5. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-028l_S3_Klassifikation-Diagnostik-Therapie-Urtikaria_2022-04.pdf