Eisenüberladung

Das Spurenelement Eisen ist ein zentraler Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin und anderer lebenswichtiger Proteine. Zum größten Teil findet sich Eisen im Hämoglobin (67 %), dem roten Blutfarbstoff, der für den Sauerstofftransport im Blut zuständig ist. In weiteren Anteilen ist Eisen in Eisendepots (27 %) gespeichert und in Muskeln und Enzymen enthalten. Ein kleiner Anteil des Eisens ist im Blut an das Transportprotein Transferrin gebunden.

Liegt infolge einer Erkrankung zu viel Eisen im Blut vor, können die natürlichen Speicher im Körper das Eisen nicht mehr binden. In freier, das heißt ungebundener Form, ist Eisen sehr aggressiv und schädigt die Zellen lebenswichtiger Organe. Außerdem lagert sich das überschüssige Eisen unkontrolliert in Organen ab. Betroffen sind vor allem die Leber, der Herzmuskel und Drüsengewebe wie Bauchspeichel- und Schilddrüse sowie die Gelenke. Von einer Eisenüberladung spricht der Arzt, wenn die Eisenwerte im Blut und in der Leber ein bestimmtes Maß überschreiten.

Im gesunden Körper sind Eisenzufuhr und -verlust ausgeglichen. Die Ausscheidung von Eisen kann nicht aktiv vom Körper reguliert werden, sondern geschieht passiv zum Beispiel über das Ablösen alter Zellen.

Ursachen für ein Zuviel an Eisen im Körper können zum einen angeborene Eisenstoffwechselerkrankungen wie die Hämochromatose sein. Bei dieser Störung nimmt der Körper aufgrund eines Gendefektes über den Darm viel mehr Eisen aus der Nahrung auf als er benötigt.

Zum anderen sind häufige Bluttransfusionen verantwortlich für eine Eisenüberladung. Viele Patienten mit chronischer Blutarmut (Anämie) wie dem myelodysplastischen Syndrom (MDS) oder der Thalassämie müssen im Rahmen einer dauerhaften Erhaltungstherapie regelmäßig Bluttransfusionen erhalten. Da diese Transfusionen zwar zum einen sehr effektiv die zugrunde liegenden Erkrankungen behandeln, jedoch zum anderen mit den roten Blutkörperchen auch Eisen übertragen, beträgt die tägliche Eisenaufnahme bei den betroffenen Patienten etwa das 20-fache des normalen Wertes.

Eisenüberladung - Symptome

Eine Eisenüberladung kann man zunächst nicht spüren. Erst wenn die Speicher bereits längere Zeit gefüllt sind und sich das Eisen vermehrt in den Organen abgelagert hat, kann es zu ersten Beschwerden kommen. Häufig ist dann die Eisenüberladung schon fortgeschritten und die Organe sind bereits geschädigt beziehungsweise in ihrer Funktion eingeschränkt. Mögliche Folgeerkrankungen sind zum Beispiel:

  • Leberzirrhose, Leberfibrose
  • Zuckerkrankheit
  • Schädigung des Herzmuskels und Beeinträchtigung der Herzfunktion
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Unterfunktion der Keimdrüsen
  • Depressionen
  • Gelenkschmerzen, Schmerzen
Eisenüberladung - Diagnose

Nach regelmäßig wiederholten Transfusionen in einem Jahr beziehungsweise nach etwa 20 bis 25 Transfusionen insgesamt kann man davon ausgehen, dass ein deutlicher Eisenüberschuss im Körper vorhanden ist. Daher ist es wichtig, auf regelmäßige Kontrollen zu achten. Man sollte nicht nur bei auftretenden Beschwerden zum Arzt gehen: Je früher auffällige Werte festgestellt werden, desto eher lässt sich eine Therapie zum Schutz der Organe einleiten.

Blutwerte

Eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte ist unabdingbar, unabhängig davon, ob bereits Medikamente zur Eisenbindung eingenommen werden oder nicht. Folgende Laborwerte werden in der Regel kontrolliert:

  • Serumferritin
  • Entzündungsparameter
  • Leberwerte
  • Pankreasenzyme
  • Hämoglobin
  • Erythrozyten

Alle Werte sollten im Normbereich liegen. Für das Serumferritin gilt ein besonderer Grenzwert, der nicht überschritten werden sollte (1000 ng/ml), da es sonst zu Organschädigungen kommen kann.

Die Blutuntersuchungen liefern wertvolle Hinweise über den Eisenstoffwechsel. Sie geben jedoch nur indirekte Hinweise auf die Eisenmengen, die sich möglicherweise schon in Körperorganen abgelagert haben. Weitere Verfahren unterstützen daher die Diagnostik.

Bildgebende Verfahren

Einlagerungen in der Leber werden mit der Magnetresonanztomografie (MRT) bereits zu einem Zeitpunkt sichtbar, zu dem die Laborwerte der Leber noch völlig unauffällig sind.

Die SQUID-Biomagnetometrie ist ein Spezialverfahren zur Messung der Eisenkonzentration in Leber und Milz und zur Berechnung der Gesamtkörper-Eisenspeicher. Mit dieser Methode sind genaue Aussagen über den Eisengehalt im Gewebe möglich, ohne dass operativ Gewebe entnommen werden muss.

Die Untersuchung des Herzens erfolgt mittels EKG (Elektrokardiogramm) und Ultraschall. Ähnlich wie bei der Leber werden so auch am Herzen Veränderungen frühzeitig sichtbar.

Leberbiopsie

Das direkteste Verfahren zur Bestimmung des Eisengehalts in der Leber ist die Entnahme einer Gewebeprobe. Dies geschieht unter örtlicher Betäubung und Ultraschallkontrolle. Das Verfahren hat den Vorteil, dass die vorhandene Eisenmenge direkt und sehr genau gemessen werden kann. Nachteil der Leberbiopsie ist, dass es sich um ein invasives Verfahren handelt und deshalb ein geringes Risiko für Blutungen oder Infektionen besteht.

Eisenüberladung - Behandlungsmöglichkeiten

Für die therapeutische Entfernung des Eisens gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: die Chelattherapie und den Aderlass.

Die Chelattherapie

Die derzeit erhältlichen Medikamente basieren alle auf einem ähnlichen Wirkprinzip: Sie sind sogenannte Chelatbildner (Chelat = griechisch für Kralle oder Krebsschere) und können freies Eisen wie eine Krebsschere umgreifen. Das Chelatormolekül wird dann mitsamt dem gebundenen Eisen über die Galle in den Stuhl oder über die Niere in den Urin ausgeschieden. Dabei ist es allerdings wichtig, dass die Eisenchelatoren ihre Wirkung im Körper möglichst kontinuierlich über den gesamten Tag entfalten. Bei dauerhafter, konsequenter Therapie gelingt es auf diese Weise allmählich, das Eisen wieder aus dem Kreislauf und den Geweben zu entfernen. Ein Behandlungserfolg wird erkennbar, wenn die Ferritinkonzentration im Serum sinkt. Zusätzlich kann auch die Urineisenausscheidung im 24-Stunden-Sammelurin gemessen werden.

In der EU sind derzeit drei Eisenchelatoren zugelassen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Anwendungsgebiete, aber auch durch Art und Häufigkeit der Einnahme.

Das Medikament mit dem Wirkstoff Deferoxamin wird in der Regel an fünf bis sieben Tagen pro Woche über eine acht- bis zwölfstündige Infusion mit einer Pumpe in das Unterhautfettgewebe verabreicht. Wird die aufwendige Infusionstherapie nicht regelmäßig angewendet, kann sie nicht richtig wirken und es drohen ernsthafte gesundheitliche Folgen.

Der Wirkstoff Deferiprone wird dreimal täglich in Tablettenform oder als Saft eingenommen. Allerdings besteht dabei die Gefahr von schweren Nebenwirkungen. Deshalb ist dieses Medikament kein Standardmedikament zur Behandlung der Eisenüberladung. Seine Anwendung beschränkt sich auf Spezialfälle wie die Thalassämie major. Im Verlauf dieser Therapie sind wöchentliche Blutkontrollen vorgeschrieben.

Deferasirox ist ein in Europa seit 2006 zugelassener Eisenchelator in Form einer Filmtabablette zur Therapie der chronischen Eisenüberladung bei Thalassämie, Sichelzellanämie und Myelodysplastischen Syndromen (MDS). Überschüssiges Eisen in Leber und Herz wird mithilfe von Deferasirox wirksam entfernt und der Wert des freien Eisens im Blut dauerhaft gesenkt. Die Wirkung hält kontinuierlich über 24 Stunden an, der Wirkstoff wird im Allgemeinen gut vertragen. Dieses Medikament kann sowohl bei Kindern (altersabhängig) als auch bei Erwachsenen eingesetzt werden.

Der Aderlass

Der Aderlass ist seit der Antike bekannt und hat unter bestimmten Voraussetzungen selbst in der modernen Medizin seine Berechtigung – so grundsätzlich auch bei der Eisenüberladung. Da der Aderlass aber sehr belastend für das Herz-Kreislauf-System ist, wird diese Möglichkeit der Eisenreduktion heutzutage nur noch selten genutzt.

Beim Aderlass wird die Menge an freiem überschüssigem Eisen im Körper vermindert. Es werden pro Sitzung 500 Milliliter Blut entnommen und damit auch ein Teil des an die roten Blutkörperchen gebundenen Eisens. Voraussetzung für eine Aderlasstherapie und ausschlaggebend für die Häufigkeit ist ein ausreichend hoher Hämoglobinwert. Die Behandlung wird in regelmäßigen Abständen wiederholt, bis sämtliches überschüssiges Eisen aus dem Körper entfernt und der Eisenspiegel im Blut wieder normal ist. Das kann ein bis zwei Jahre dauern. Die Länge der Therapie und die Häufigkeit der notwendigen Blutentnahmen hängen vom Alter und Geschlecht des Patienten sowie vom Schweregrad der Symptome ab.

Weitere Informationen zum Thema Eisenüberladung finden Sie auf unserer Website für Patientinnen und Patienten www.hemaportal.at

Quellen

  • Ein Leben mit Eisenüberladung, Patientenbroschüre Novartis Oncology, Stand 05/2011
  • AWMF Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der sekundären Eisenüberladung bei Patienten mit angeborenen Anämien 04/2010
  • www.leben-mit-transfusionen.de
  • Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage, de Gruyter, 2007
  • Gattermann, Strupp: Transfusionsbedingte Eisenüberladung bei Patienten mit myelodysplastischem Syndrom oder aplastischer Anämie, Patientenbroschüre, Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe, 2009